ich möchte mich auch an dieser Diskussion beteiligen und auf einzelne Punkte eingehen.
Zwei Dinge vorweg:
1. Ich bin nicht gegen die Einführung des Reklamationsrechts auf Grundlage der Tablebases. Ich muss sie aber auch nicht unbedingt zwingend haben. Unter bestimmten Umständen würde ich sie auch nutzen.
2. Ich äußere mich auch als Postspieler.
Sofern dies eingeführt wird, sollte die Regelung für alle angebotenen Zugübermittlungsarten gleichermaßen gelten, also derzeit für Server, E-Mail und Post. Die Art der Zugübermittlung darf nicht entscheidend dafür sein, nach welchen schachlichen Maßstäben eine Partie beendet wird. Hierzu muss allen Teilnehmenden ein öffentlicher kostenfreier (möglichst auch deutschsprachiger) Zugang zu den Tablebases benannt sein. Dies kann durch eine Verlinkung im Regelwerk und/oder durch Benennung in den Turnierunterlagen erfolgen.
Ein Einspruchsrecht gegen eine Tableblases-Entscheidung sollte es nicht geben bzw. sollte ein Einspruch - da es ja grundsätzlich ein Recht auf Überprüfung gibt (§ 21 TO) - als unbegründet abgelehnt werden. Es sei denn, die reklamierende Person kann uneingeschränkt für den reklamierten Fall nachweisen, dass die Tablebases "lügen". Das scheint nach heutigem Stand aber unmöglich zu sein. Ich sehe nicht die Gefahr ansteigender Einsprüche in Post- und E-Mail-Turnieren.
Aus einigen Beiträgen habe ich herausgelesen, dass der Schachserver die Partie automatisch beendet, sobald eine Tablebases-Stellung erreicht ist. Ich hoffe, ich habe dies falsch interpretiert oder es war nur missverständlich geschrieben. Niemals sollte eine Maschine eine Schachpartie, die zwischen zwei Menschen ausgetragen wird, automatisch beenden. Den Ausgang einer Partie beeinflussen immer noch die Spielenden selbst. Sobald eine Partei solch eine Stellung auf dem Schachserver aber reklamiert, sollte jedoch ein Automatismus möglich sein, der die Partie sofort beendet und nicht erst die Turnierleitung eingreifen muss.
Meiner Ansicht nach zählen die Tablebases zu jenen technischen Hilfsmitteln die in Turnieren unter Engineverbot nicht zur Anwendung kommen sollten. Das aktuelle Regelwerk schließt sie jedoch nicht explzit aus.
Im Gegensatz zu elektronischen Partiedatenbanken, Eröffnungsbüchern oder anderen Nachschlagewerken zur Stellungsbehandlung (gemeint sind hiermit nicht Engines) weisen die Endspieldatenbanken einen zwingenden Weg in den zukünftigen Verlauf einer Partie. Auch wenn es sich im Ergebnis nur um eine Datenbank handelt, beruht sie doch auf eine zuvor vorgenommene Berechnung. Die von mir vorgenannten Hilfsmittel geben nur einen Stand über Vergangenes wieder und erlauben dem Nutzenden anhand vorliegender Daten oder subjektiver Meinungen von Autor*innen lediglich eine Prognose über einen zukünftigen Partieverlauf.
Ich bin daher gegen die Anwendung der Tablebases - egal ob elektronisch oder in gedruckter Form - in Turnieren unter Engineverbot. Das Regelwerk wäre bei Einführung dann anzupassen.
Die von Hartmut Hering zurecht aufgeworfene Frage der Nachweisbarkeit der Umgehung eines Verbotes stellt sich mir nicht. Es ist fast nicht nachweisbar. Aber dies gilt auch für den Einsatz der Engines generell. Es ist eben eine Frage der Ehre.
In den Abschätzungsrichtlinien wird nicht detailliert genug erklärt, ob bereits schon heute für Abschätzungen technische Hilfsmittel genutzt werden. Ich lese es derart, dass dem nicht so ist.
6. Ablauf der Abschätzung
Ein anonymer Abschätzer prüft die Anträge/Analysen der Spielpartner und trifft seine Entscheidung im subjektiven Abschätzungsverfahren
a) nach der seiner Meinung nach richtigen Analyse oder
b) bei fehlenden/fehlerhaften (Teilen der) Analysen nach seinem Ermessen, indem er ohne tiefgründige eigene Analysen auf allgemeine Prinzipien wie Plusmaterial ohne ersichtliche Kompensation für die andere Seite, theoretische Gewinn- oder Remis-Stellungen zurückgreift.
Zukünftig würde ich die Tablebases auch für die Abschätzung zulassen, wenn sich eine Partei darauf beruft. Eine eigene Nutzung sollte es aber nicht geben, da sich im Abschätzungsverfahren nur auf die vorliegenden Analysen oder allgemeine Prinzipien gestützt werden soll.