Triple-Block-Zeitkontrollsystem

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schnuffi50
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon schnuffi50 » Do 23. Jun 2022, 20:23

Vielen Dank. Wahrscheinlich bin ich etwas begriffsstutzig.
Wenn ich beim Nahschach -theoretisch- nur Sekunden nach dem Zug meines Partners antworte, läuft die Zeit doch auch so gut wie nicht runter.
Oder ist das so zu verstehen, daß die Zeit dann runterläuft, egal was passiert und wieviel Züge gespielt sind. Ja, so wird es sein.
Ich habe auch schon 2 Turniere so gespielt. Bin nie in Zeitnot gekommen. Ist mir gar nicht aufgefallen.
Aber grundsätzlich kommt mir das System entgegen.
Ich hasse diese ewige Partieverschleppung. Deshalb spiele ich auch sehr gern die Rapid-Turniere.
Norbert Nitschke

JoergFuchs
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon JoergFuchs » Fr 24. Jun 2022, 00:09

Die Zeit wird natürlich analog zu dem Nahschach-Beispiel nur weniger, wenn Sie auch am Zug sind. Ziehen Sie ganz schnell, verbrauchen Sie natürlich so gut wie keine Zeit. Doch genau dann passieren auch "Fehler". Unter "Fehler" sind hier sogenannte Horizonteffekte gemeint. Wenn Ihr Gegner sich im Gegensatz zu Ihnen Zeit läßt, die Engines also viel tiefer in bestimmten Stellungen als Sie rechnen läßt, hätte er so einen erheblichen Vorteil. Warum aber sollten Sie schnell ziehen, wenn Sie genug Zeit haben? Das macht überhaupt keinen Sinn. Bei dem Triple-Block-System, das ich zur Zeit spiele, bekomme ich einen Grundpool von 50 Tagen. Hinzu kommen für die ersten 50 Züge noch 3 Tage pro ausgeführten Zug. Macht insgesamt 150 Tage. Weiterhin hinzu kommen noch 50 Tage Reserve. Dies sind dann 50 + 150 + 50 = 250 Tage pro Seite. Diese 250 Tage stehen mir also insgesamt für die Partie zur Verfügung. Wie ich mir diese Zeit einteile, ist alleine mir überlassen. Auch gibt es keinen Urlaub. Der wurde hier quasi schon eingearbeitet. Es ist also wie bei dem Nahschach-Beispiel mit der einen Stunde. Beim Triple-Block-System hat jeder Spieler demnach 250 Tage für die gesamte Partie. Verschleppungen sind daher nur bedingt möglich und wirklich nur bei Verluststellungen denkbar.
Hierzu ein Beispiel: Die Partie befindet sich im 70. Zug und im Endspiel und es sind noch mehr als 7 Steine auf dem Brett. Ihr Gegner steht auf Verlust und hat noch 100 Tage Restzeit. Er könnte dann genau diese 100 Tage ablaufen lassen, verliert dann wegen Zeitüberschreitung. Hier wäre also eine Verschleppung noch denkbar. Es gibt aber auch Spieler, die bei Remisstellungen verschleppen. Dies wäre aber bei diesem System nicht ratsam, denn wenn er am Schluß nur noch sehr wenig Zeit hat, kommt er in Zeitnot. Und das wäre unklug!

BG
J.Fuchs
Zuletzt geändert von JoergFuchs am Fr 24. Jun 2022, 12:59, insgesamt 1-mal geändert.

schnuffi50
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon schnuffi50 » Fr 24. Jun 2022, 11:54

Lieber Schachfreund Fuchs,
vielen Dank für die Ausführungen. Ich glaube, jetzt habe ich es begriffen.
Viele Grüße
Norbert Nitschke

oste51
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon oste51 » Sa 25. Jun 2022, 09:45

Hallo Jörg, du hast das Triple-Block-(Zeitkontroll)System sehr verständlich erläutert. Aber was ist der eigentliche Sinn einer auch nach meinem Empfinden relativ komplizierten Bedenkzeitregelung, die zumindest nicht so ohne Weiteres verständlich ist. Soll damit wirklich der Verschleppung von Partien begegnet werden? Aus deinen Beiträgen wird doch ersichtlich, dass dies gerade nicht der Fall ist. Nach meinem Verständnis wirkt die beim ICCF bereits bestehende Zeitverdoppelung ab einem bestimmten Zug viel zielgerichteter und effektiver. Warum wird diese gute Möglichkeit nicht sogar ausgeweitet (nur als Beispiel: Verdoppelung nach 10 Zügen, Verdreifachung nach 20 Zügen, Partieverlust nach 30 Tagen ohne Zug)? Auch erschließt sich mir nicht, warum die Einberechnung von Urlaubszeiten in das T-B-S für Spieler ein Vorteil sein soll. Die Dauer eines Turniers lässt sich doch mit der Vorgabe einer Gesamtbedenkzeit (plus individuell zu bestimmenden Urlaubstagen) genau so gut regeln. Ich sehe beim individuell möglichen Urlaub vielmehr einen großen Vorteil für die Spieler. Ohne „eigenen“ Urlaubsanspruch kann ein Spieler, der vor oder nach einem Urlaub, in dem er kein Fernschach spielen kann oder möchte, viel schneller in die beim ICCF bestehende Zeitverdoppelung kommen; mit "eigenem" Urlaubsanspruch kann dies ganz einfach vermieden werden..
Horst Wilshusen

JoergFuchs
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon JoergFuchs » Sa 25. Jun 2022, 10:23

Das Zeitsystem ist schon ziemlich durchdacht. Zum Beispiel bekommt man die 150 Tage Increment nur dann, wenn die ersten 50 Züge auch wirklich ausgeführt werden. Der Fortschritt der Partie ist demnach dafür die Bedingung. Gäbe es nur eine reine Countdownzeit von 250 Tagen, wäre das nicht so. Die Reserve von 50 Tagen könnte man auch als künstlichen Urlaub/Sonderurlaub bezeichnen. Der Vorteil ist aber, dass man über diese "Auszeiten" bei jeder Partie seperat entscheiden kann. Beim Urlaub oder Sonderurlaub ist das anders. Diesen muss man bei allen Partien eines Turniers gleichzeitig nehmen. Wenn ein Spieler, z.B. in einer Verluststellung scheinbar die Partie verschleppt, könnte man es auch so auslegen: "Der nimmt nun halt eben seine Auszeit, über die er ja frei entscheiden kann". Mit verschärften Verdopplungen lassen sich Verschleppungen zwar besser verhindern, diese schrecken einige Spieler aber auch ab. Das ist jedenfalls meine Meinung. Jedenfalls ist bei diesem Zeitsystem sichergestellt, dass die Partie nach 2x 250 Tagen = 500 Tagen beendet ist.

BG
J.Fuchs

oste51
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon oste51 » So 26. Jun 2022, 16:59

Hallo Jörg, aber ist diese Möglichkeit, im Falle einer Verluststellung gerade und nur diese Partie (so zu sagen mit vorab genehmigter "Auszeit") "verschleppen“ zu können, nicht gerade das Gegenteil von dem, was ein Ziel vom T-B-S sein dürfte, nämlich der Verschleppung entgegen zu wirken?
VG Horst Wilshusen

JoergFuchs
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon JoergFuchs » So 26. Jun 2022, 22:12

Wenn man bei dem TBS im Endspiel noch genug Restzeit hat, ist es tatsächlich so, dass auch hier eine sogenannte Verschleppung möglich wäre. Grundsätzlich ist es so: Spart man Bedenkzeit an, besteht immer der Anzeiz der Verschleppung. Der Gegner, der eine Verluststellung hat, hofft womöglich darauf, dass der auf Gewinn stehende Gegner noch wegen Krankheit aus dem Turnier ausscheidet und man die Partie auf diese Weise dann doch nicht verliert. Dies ist meiner Meinung nach der einzige Grund für eine Verschleppung. Es gibt kein Zeitsystem bei dem man, wenn Bedenkzeit angespart werden kann, eine Verschleppung verhindern kann. Höchstens durch das genannte Instrument der Zeitverdopplung nach Ablauf einer bestimmten Anzahl von Bedenkzeittagen. Doch ich persönlich halte nichts davon, denn grundsätzlich soll jedem Spieler überlassen sein, wie er seine Zeit einteilt. Verschleppungen halte zwar auch ich für unerfreulich, diese müssen aber wohl aufgrund dieser Freiheit der Zeiteinteilung hingenommen werden.

BG
J.Fuchs

schnuffi50
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon schnuffi50 » So 26. Jun 2022, 23:06

Vielleicht bin ich etwas naiv. Aber für mich als "Gerne-Schachspieler" kann es für eine Partieverschleppung überhaupt keinen Grund geben. Ich weiß eigentlich immer, wann ich eine Partie verloren geben muß.
Habe aber auch schon Gegner (Partner?) gehabt, die anscheinend eine Riesenfreude an einer Verschleppung hatten.
Hier nehme ich reine Boshaftigkeit an. Ohne es natürlich so offen zu kommunizieren. Die Frage ist nur: Warum verunglimpfen solche Spieler unser schönes Hobby?
Aber die Menschen sind eben verschieden.
Norbert Nitschke

tschmidt
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Re: Triple-Block-Zeitkontrollsystem

Beitragvon tschmidt » Mo 27. Jun 2022, 07:20

Zwei Gründe für die Verschleppung kenne ich dann doch.

Die Partiewertung soll erst in die nächste Abrechnungsperiode einfließen. Das kann dann der Fall sein, wenn die ELO-Zahl ein Qualifikationskriterium für eine Turnieranmeldung ist. Dank der Berechnungsvorschau weiß ich genau, welche ELO-Zahl ich zum nächten Zeitpunkt erlangen werde. In solchen Fällen kann ich aber der anderen Seite dies miteilen und um Verständnis bitten.

Die Gegnerschaft soll aus turniertaktischen Gründen über den wahren Stand nicht informiert sein und die Tabelle so möglichst lange "offen" bleiben. Andere können dann nicht enfach Remis vereinbaren.
Vor einiger Zeit gab es mal eine "Direktive" im BdF, wie die Zeiteinteilung in Mannschaftsturnieren sein solle, um die Gegnerschaft möglichst lange im Unklaren zu lassen. Das hatte natürlich noch nichts mit der hier diskutierten Verschleppung in Verlustpartien zu tun. Da ging es tatsächlich um reine Turniertaktik.
Beste Grüße,
Torsten Schmidt


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