Liebe Schachfreundinnen und Schachfreunde,
da ich kein Mitglied des BdF mehr bin und dies auch so bleiben wird, berührt mich die Diskussion über den Erhalt des BdF-Schachservers persönlich nicht mehr. Als für die Einführung des Serverfernschachs im Verein und die damalige Beschaffung des BdF-Schachservers maßgeblich tätiger Vereinsvertreter kann ich aber Informationen anbieten, die möglicherweise von Ihnen geschätzt werden. Sie sind zumindest zu einem erheblichen Teil bisher nicht transportiert worden, was zumindest in Teilen auch daran liegen mag, dass die heute Verantwortlichen keine Kenntnis dazu haben (weil sie nicht beteiligt waren).
1. Der BdF-Schachserver wurde über einen Leasingvertrag gekauft, der eine Laufzeit von 2008 bis 2018 hatte. Der Kaufpreis betrug 54.000 Euro, zu zahlen über eben 10 Jahre verteilt. Der Vertrag wurde für den BdF am 18.4.2008 durch den damaligen Präsidenten Fritz Baumbach unterzeichnet. Die Vertragsvorbereitung für den BdF lag bei mir. Der Beschaffung lag dann ein Vorstandsbeschluss zugrunde.
Zuvor war die Leistung ausgeschrieben worden. Auf diese Ausschreibung waren 3 Angebote, eines mit einem Nebenangebot versehen, eingegangen.
2. Der BdF-Schachserver war nicht der Einstieg des Vereins in das Serverfernschach, sondern löste die vorherige Organisation ab (als Gast auf einem privaten Fernschachserver).
Der BdF war die erste Föderation weltweit, die das Serverfernschach offiziell einführte. ICCF kam erst deutlich später.
3. Es wurde damals früh die Option geprüft, bei ICCF zu spielen. Hierzu habe ich mich auf Vorstandsbeschluss in Hamburg mit 3 ICCF-Vertretern getroffen, von denen einer der damalige ICCF-Präsident Borwell war. Es gab damals keine gute Möglichkeit hierzu, aus zeitlichen Gründen (ICCF war noch nicht soweit), und dann später auch aus anderen Gründen, z.B. Turnierformen, Turnierregeln, Rating u.w.
4. Ein wichtiger Punkt war, dass der ICCF-Webserver in den Anfangsjahren allein englischsprachig war und vielen BdF-Mitgliedern damit sprachlich verschlossen. Es gab nur eine Notlösung; diese bestand in einer separaten englischsprachigen Bedienungsanleitung, die ich dann ins Deutsche übersetzt habe. Diese und weitere Anleitungen wurden verlinkt.
5. Der Anschaffungspreis von 54.000 Euro musste zu rund 25.000 Euro aus allgemeinen Vereinsmitteln getragen werden. Es war meine Aufgabe, Sponsoring-Einnahmen zu akquirieren. Für den BdF-Schachserver konnte ich nicht ganz 30.000 Euro über Sponsoring einholen. Den größten Anteil hatte dabei ein separater Vertrag mit dem Hauptsponsor, dessen Sponsoring über mehrere Jahre hinweg entsprechend deutlich höher ausfiel.
Die Betreuungskosten wie Support etc. spielten keine besondere Rolle, sie fielen nicht ins Gewicht.
6. Der Vertrag mit Dr. Pätzold, mit dem die Zusammenarbeit immer sehr gut und partnerschaftlich erfolgte, lief 2018 aus. Für einen Weiterbetrieb des BdF-Schachservers war also eine neue Lösung zu finden, präferiert wurde dabei eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit Dr. Pätzold.
Die Verhandlungen und die BdF-seitige Vertragsvorbereitung oblagen mir. Die ausgehandelten Konditionen waren, verglichen mit Marktpreisen, sehr gut. Diese werde ich nicht nennen, weil – wie üblich – auch in diesem Vertrag Vertraulichkeit der Vertragsinhalte vereinbart wurde (§ 10 Abs. 2 des Vertrages) und die Offenbarung ein berechtigtes Interesse Dritter bedingt.
Die von Dr. Pätzold angebotenen und dann erbrachten Leistungen wären am Markt zu einem Vielfachen zu bezahlen gewesen, selbstverständlich geprüft.
Für automatische Vertragsverlängerungen wurden kurze Fristen vereinbart, so dass der BdF fast jederzeit würde aussteigen können.
7. Der neue Vertrag mit Dr. Pätzold wurde für den BdF am 11.6.2018 von Stephan Busemann, damaliger Präsident des Vereins, und von mir zuvor am 7.6.2018, damaliger Geschäftsführer des Vereins, unterschrieben.
In einem Vorbeitrag schreibt Herr Gerhard Müller, den ich von Person sehr schätze, in verschiedenen Punkten zur Historie nicht ganz korrekt, was sich aus obenstehenden Ausführungen erkennen lässt. Wichtig ist mir aber der Hinweis, dass der BdF-Schachserver der größte Vermögenswert des Vereins ist, nicht etwa wie behauptet „totes Kapital“. Seit 2008 erfüllt dieser Server den Vereinszweck, das Fernschachspiel, wie es die Satzung festlegt. Dieser Server hat einen Bruchteil dessen gekostet, was ICCF für seinen Server bezahlt hat, und ist nicht ansatzweise „totes Kapital“.
Wie jeder Dorfverein, der seinen vereinseigenen Fußballplatz aufgeben und dafür auf einem fremden Platz spielen kann, kann natürlich auch der BdF seinen BdF-Schachserver aufgeben und, wenn er einen Käufer findet, auch verkaufen. Der ICCF-Server ist heute ein sehr guter Spielort, den ich auch selbst als „internationaler Spieler“ sehr schätze. Ob er alles aufnehmen kann, was auf dem BdF-Schachserver gespielt wird, mit eigenen Regularien etc., und ob er auch ein Archiv für den BdF-Schachserver sein kann, bezweifele ich.
Ob die verwendeten Farben ein springender Punkt sein sollten, über den größten Vermögenswert des Vereins zu befinden, sei dahingestellt, zumal Farben seitens des Betreuers fast mit einem Klick geändert werden können.
Aber eines möchte ich zu bedenken geben, und zwar einen Aspekt, der für uns auch damals bedeutsam war: Jedes auf dem BdF-Schachserver spielende BdF-Mitglied, das den Verein bei einem Wegfall des Servers verlässt, nimmt nicht nur seine Nenngelder mit, sondern auch seinen Mitgliedsbeitrag. So ist es eine Milchmädchenrechnung, wenn man nur auf Nenngeldausfälle schaut und daraus die Rentabilität der Serveraufgabe erkennen will.
An der weiteren Diskussionen werde ich mich als Vereinsfremder nicht beteiligen. Fragen etc. beantworte ich allerdings gerne, wenn sie mir per E-Mail (
bekemann@gmx.de) gesendet werden.
Ich wünsche allen eine angeregte weitere Diskussion und den Entscheidungsträgern eine weise Entscheidung!
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Bekemann