PC-Macht

Alle Posts, die mit dem Fernschach im ICCF zu tun haben
hhamann

PC-Macht

Beitragvon hhamann » Di 27. Nov 2018, 22:31

Ich habe in einem ICCF-Turnier als Weißer im 45.Zug folgende Stellung erreicht: Kg4,Sc6,Lg6-Tb5,Lc3,Kh8. Houdini bewertet sie mit -0,3. Ich rechnete mir ganz gute Remischancen aus. Meine Idee: keine Bauern auf dem Brett, bei Leichtfigurentausch remis, 50 Züge werde ich wohl schaffen. Ein Blick auf die 6-Steiner Tablebases und die Turnierausschreibung offenbarte meinen großen Irrtum:Schwarz setzt nach 82 weiteren Zügen Matt, bei 6-Steinern gilt die 5o-Züge-Regel nicht. Die traurige Erkenntnis: nicht mehr der Schachspieler entscheidet, sondern die Schachmaschine. Das ist sicher keine neue Erkenntnis, aber diese Geschichte zeigt deutlich, was der Computer aus unserem ehemals schönen Fernschach gemacht hat . Mut, Erfindungsgabe, Kampfeslust , diese Tugenden eines Schachspielers sind im Fernschach fast bedeutungslos geworden-gut Fernschach kann jeder, vielleicht gibt es bald sogar einen Schimpansen mit dem CCE-Titel.
Henner Hamann

Sikky
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Re: PC-Macht

Beitragvon Sikky » Mi 28. Nov 2018, 12:16

Das schwierige wird aber sein den Schimpansen die Pc Benutzung bei zu bringen :lol:
Die 50 Zügeregel ist keine Schachregel sonder von Menschen eingeführt um die Dauer der Partien zu beschränken.
Aber trotzdem, welcher Schachspieler würde sich zutrauen diese Stellung zu gewinnen? ;)

R. Sikorsky

Asmodis
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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Do 29. Nov 2018, 07:21

Es zeigt auch, dass man nie müde werden darf, sich mit den Schachengines und deren Einstellungen näher zu beschäftigen. Auch wenn die Engines die Tablebases installiert haben, tun sie im Endeffekt als tumbe Rechensklaven nur dass was man Ihnen sagt. Während es in einem Engineturnier sinnvoll sein mag den Haken bei "Syzygy 50 Züge Regel" zu setzen, ist das für die Fernschachanalyse tödlich, wie 2 meiner Gegner kürzlich ebenfalls feststellen mussten...

Wie Schachfreund Sikorsky schon sagte, ist die 50-Züge-Regel eine Methode um im normalen Turnierschach bei begrenzter Bedenkzeit die Partielänge zu begrenzen. Im Fernschach hat sie zumindest in Bezug auf die elementaren Endspiele ihren Sinn verloren. Hier ist eben das Werkzeug Computer ein unabdingbarer Partner geworden. Man darf sich nur nicht zum Sklaven der Maschine machen, was leider immer wieder passiert. Nur... wenn man schon den Computer rechnen lässt muss man ihn eben richtig konfigurieren. Und das ist in der genannten Stellung definitiv nicht passiert. Ansonsten hätte die Engine mit Sicherheit keine solch optimistische Bewertung rausgehauen...

Liebe Grüße

Hartmut
Liebe Grüße

Hartmut Hering

hhamann

Re: PC-Macht

Beitragvon hhamann » Do 29. Nov 2018, 21:48

Ich weiß nicht, welcher Oberlehrer sich hinter Herrn Asmodis verbirgt. Weil ich diese seine Art einfach nicht mag, soll es bei dieser
Antwort bleiben: nur noch soviel, der Computer ist ein unabdingbarer Herrscher, wie kann er Partner sein, wenn er das Fernschachspiel zerstört?
Henner Hamann

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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Do 29. Nov 2018, 22:43

hhamann hat geschrieben:Ich weiß nicht, welcher Oberlehrer sich hinter Herrn Asmodis verbirgt. Weil ich diese seine Art einfach nicht mag, soll es bei dieser
Antwort bleiben: nur noch soviel, der Computer ist ein unabdingbarer Herrscher, wie kann er Partner sein, wenn er das Fernschachspiel zerstört?
Henner Hamann


Welcher "Oberlehrer" sich hinter mir verbirgt siehst du ja an meiner Unterschrift. Keine Ahnung was für ein Problem du hier hast. Du darfst ja gerne anderer Meinung sein, aber das ist kein Grund beleidigend zu werden.

Zur Sache: Ich sehe den Kollegen Computer nicht als "unabdingbaren Herrscher". Dazu ist er mir ehrlich gesagt zu dumm. Ich sehe auch nicht wie er das Fernschach zerstören könnte. Ich sehe allerdings genug Gegner in meiner Liste die wirklich ungeprüft nur Computerzüge ausspielen (was ab und an ein grober Fehler ist, wie Dir gute Schachtrainer wie Matjas Pirs sicher bestätigen würden). Wenn Du den Computer als "unabdingbaren Herrscher" siehst und dich damit zu seinem Sklaven machst, ist das natürlich Deine Sache. Da will ich Dir bestimmt nicht reinreden. Aber so einen Sklavenring muss sich deswegen ja nicht jeder um den Hals legen. Ich sehe für mich das Fernschachspiel lebendiger als je zuvor und von einer Zerstörung durch unsere elektronischen Helfer noch weit entfernt. Dazu habe ich einfach zu viele Partien gespielt in denen die Compis die Gewinnwege trotz gewaltiger Denktiefen nicht gesehen haben, während ich armer langsam rechnender Mensch dann nach einigem rumprobieren dann doch noch auf Lösungswege kam. Gute Schachtrainer wie Matjas Pirs werden Dir dies sicher bestätigen können. Seit ich bei einem von Pirs Seminaren war gehe ich auch ganz anders als früher an die Partien ran und die Elo die vorher stagnierte, steigt wieder obwohl ich immer noch denselben Computer benutze wie schon vor 8 Jahren. Der Compi ist nützlich und als Helfer mit Sicherheit unverzichtbar. Unfehlbar ist er jedoch nicht. Und in dem Moment wo ich für mich feststellen würde, dass er mich "beherrscht" und ich seine Züge nicht mehr in Frage stelle, würde ich mit dem Fernschach aufhören. Aber davon bin ich ehrlich gesagt noch Lichtjahre entfernt.

Und ja, man kann sicherlich allein mit Computerzügen einen CCE-Titel erringen. Vielleicht kanns ja auch ein Schimpanse, wenn er lernt den Computer zu bedienen. Vielleicht kann man mit reinen Computerzügen auch an einen CCM-Titel kommen. Ich habe allerdings erhebliche Zweifel dass man nur mit Computerzügen ohne eigenen Input sehr viel weiter kommt.

Hartmut Hering
Liebe Grüße

Hartmut Hering

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Re: PC-Macht

Beitragvon Wurtinger » Sa 1. Dez 2018, 20:38

hhamann hat geschrieben:Ich weiß nicht, welcher Oberlehrer sich hinter Herrn Asmodis verbirgt. Weil ich diese seine Art einfach nicht mag, soll es bei dieser
Antwort bleiben: nur noch soviel, der Computer ist ein unabdingbarer Herrscher, wie kann er Partner sein, wenn er das Fernschachspiel zerstört?
Henner Hamann


Hallo Herr Hamann,

nachdem ich Ihre Art auch nicht mag, soll es auch nur bei einer Bemerkung von mir bleiben.
Was Sie so schreiben ist genau das, was den ehrenamtlich für uns tätigen Menschen das Leben unnötig schwer macht.
Ein Oberlehrer zu sein muss sich hier keiner sagen lassen - oder würden Sie es schätzen, so etwas über sich selbst zu lesen?

Amici sumus
Rainer Wurtinger
Herzliche Grüße
Rainer Wurtinger

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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Sa 1. Dez 2018, 22:44

Hallo Rainer

Danke für die Unterstützung. Ich sehe es allerdings nicht so ernst. Man kann ja durchaus anderer Meinung sein. Aber wenn man schon so ein Beispiel bringt, dann hat man sich ja selbst eigentlich disqualifiziert. Man spielt ein Turnier mit und liest erst irgendwann mal was in der Ausschreibung steht? Man hat dann auch noch die Engine falsch konfiguriert und wundert sich, dass die Engine dann falsche Ergebnisse anzeigt? Und wenn jemand dann allgemein (Mein Post war ja nicht mal an ihn direkt gerichtet sondern allgemein gehalten) dann erklärt wie so eine falsche Enginebewertung zustande kommt (ist ja nicht so dass mir sowas nicht auch mal passiert wäre, nur hatte ich das Glück dass eine eigentlich gewonnene Partie dadurch "nur" Remis wurde). Man muss halt auch bei jeder neuen Engineversion schauen, was es überhaupt an Einstelloptionen gibt und was standardmäßig überhaupt voreingestellt ist. Ansonsten läuft man halt in solche Fallen.

Wie auch immer... ich sehe es (noch) gelassen. Allerdings... sich bereits im 2. Post mit einem Admin anzulegen... ich hoffe für ihn, dass seine Schachstrategien besser sind, sonst sehe ich schwarz für die Schachkarriere... :D

OK, aber da wir keine Eskalationen wollen, mach ich den Post mal zu
Liebe Grüße

Hartmut Hering

Asmodis
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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Fr 14. Dez 2018, 02:27

Auf Wunsch von SF Rene Schulz mache ich den Thread nochmal auf. Ich bitte aber beim Thema zu bleiben.

Hartmut
Liebe Grüße

Hartmut Hering

SchulzR
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Re: PC-Macht

Beitragvon SchulzR » Fr 14. Dez 2018, 18:12

Hallo Hartmut,

zunächst vielen Dank, dass Du den Thread wieder geöffnet hast.

Liebe Schachfreunde,

ich wollte mich zu Wort melden, weil ich den Unmut von Henner Hamann sehr gut nachvollziehen kann und in der Sache auch berechtigt finde. Man stelle sich doch einmal vor: bisher wurden 45 Züge gespielt und nun zeigt die 6-Steiner-Datenbank an, dass man die Partie nach weiteren 82 (!!!) Zügen verliert. Allein schon auf Grund dieser Prognose darf der Gegner beim ICCF den Sieg für sich reklamieren - und bekommt prompt auch noch Recht.

Das ist doch ein absolutes Unding! Im Nahschach steht doch kein Spieler auf, geht zum Schiedsrichter und reklamiert den Gewinn, weil er erkannt hat, dass er seinen Gegner in (sagen wir) 10 Zügen matt setzen kann - er muss es beweisen, sprich das Matt vollenden.

Ich finde, so sollte es auch im Fernschach sein. Eine Partie ist erst dann zu Ende, wenn ein Spieler aufgibt oder (zum Beispiel) matt gesetzt wird - aber nicht schon dann, wenn eine Maschine feststellt, dass es bis zum (unausweichlichen) Matt noch 82 Züge braucht.

Da der ICCF dieses - in meinen Augen - unschöne Reklamationsrecht zulässt, mache ich keinem Spieler einen Vorwurf, der es nutzt. Bin kürzlich ebenfalls "Opfer" geworden. Nach 63 gespielten Zügen hat mein Gegner den Gewinn beansprucht, weil ich nach weiteren 43 Zügen matt bin. Soll er doch erst einmal beweisen, dass er mich tatsächlich matt setzen kann! Natürlich: wenn er konsequent und fehlerfrei die Züge aus der Datenbank herunterspult, steht das Ergebnis eigentlich schon fest. Aber mit welchem Recht nimmt man ein bestimmtes Ergebnis vorweg, das nicht durch reguläres "Spielen bis zum Schluss" erzielt wurde?

Ich weiß jetzt nicht, ob das zu utopisch klingt, aber was machen wir, wenn es eines Tages vielleicht möglich sein wird, Endspiele mit zum Beispiel 10 Steinen durch eine Datenbank zu jagen? Heißt es dann beim ICCF, Spieler X gewinnt, weil ein Matt in 123 Zügen folgt? Ich finde diese Vorstellung schrecklich und bin da ganz bei Henner Hamann: "nicht mehr der Schachspieler entscheidet, sondern die Schachmaschine."

Gott sei Dank gibt es ein solches Reklamationsrecht beim BdF nicht - und ich hoffe sehr, das bleibt auch so. Tja, das wollte ich nur mal gesagt haben ...
Mit freundlichen Grüßen
René Schulz

Asmodis
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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Fr 14. Dez 2018, 20:37

Hallo Rene

Ich hab kein Problem mit dem Thread solang es im Rahmen einer vernünftigen Diskussion bleibt. Darum bin ich Deinem Wunsch auch gerne nachgekommen. Und ich gebe Dir Recht. Nachvollziehen kann ich den Ärger von Henner an der Regelung grundsätzlich auch. Das Problem bei ihm war allerdings, dass hier (vermutlich) die Einstellung seiner Engine nicht korrekt war. Anders ist es nicht zu erklären, dass das Programm eine Remiswertung auswirft, während ein zwingendes Matt möglich ist. In Henners Fall war es vermutlich die Einstellung "Syzygy 50 Züge Regel". Zudem hatte er nach seiner eigenen Darstellung wohl die Regelung der Reklamation aufgrund von 6-Steinern (unter Umgehung der 50-Züge-Regel) wohl erst nachträglich gelesen. Zumindest habe ich seinen Post so verstanden.

Was die Regelung selbst betrifft, kann man natürlich geteilter Meinung sein. Man darf aber hier einfach nicht vergessen dass heutzutage Fernschach ein ganz anderes Spiel ist als Nahschach. In den Zeiten als wir noch ohne Server mit reinem Briefschach gearbeitet haben und die elektronischen Helferlein aus spielschwachen Brettschachcomputern bestanden war die Sache natürlich noch einfach. Von der Bedenkzeitregelung abgesehen waren die Regeln mit denen des Nahschach nahezu identisch. Heutzutage ist jedoch in manchen Teilen einfach nicht mehr zweckmäßig, da die elektronischen Helfer einfach mehr können und sich die Voraussetzungen geändert haben.

Im Nahschach steht doch kein Spieler auf, geht zum Schiedsrichter und reklamiert den Gewinn, weil er erkannt hat, dass er seinen Gegner in (sagen wir) 10 Zügen matt setzen kann - er muss es beweisen, sprich das Matt vollenden.

Ich finde, so sollte es auch im Fernschach sein. Eine Partie ist erst dann zu Ende, wenn ein Spieler aufgibt oder (zum Beispiel) matt gesetzt wird - aber nicht schon dann, wenn eine Maschine feststellt, dass es bis zum (unausweichlichen) Matt noch 82 Züge braucht.


Da hast Du natürlich Recht. Im Nahschach muss man es beweisen. Im Nahschach gibt es aber auch die Möglichkeit dass der Spieler das Matt übersieht, in der Berechnung einen Fehler hat, in der Eile die richtige Reihenfolge der Züge verwechselt, in Zeitnot das Matt nicht mehr schafft, etc. Solange der angenommene 10-Züger nicht aus einer Reihe von erzwungenen Zügen besteht sondern mehrere Varianten möglich sind, würde es vermutlich sogar länger dauern, dem Schiedsrichter die einzelnen Varianten zu zeigen, als den Gegner wirklich mattzusetzen. Und zuallerletzt... selbst wenn der Gegner alle vorherigen Züge geblitzt hätte, wie lange könnte er in einer Partie den Gegner hinhalten bis der Verlust unausweichlich ist? Maximal 2 Stunden, dann ist die Uhr abgelaufen.

Wie wäre es nun im Fernschach mit dem genannten Matt in 82?

Fehler in der Berechnung? Nahezu ausgeschlossen. Die Engine macht hier (vor allem mit den Tablebases) keine Fehler mehr. Das Matt ist tatsächlich unausweichlich
In der Eile die Züge verwechseln? Wird im Normalfall auch nicht passieren. Auch hier sind die Tablebases zuverlässig
Zeitnot? Selbst wenn ich nur noch einen Tag auf der Uhr habe... Antworte ich nach z.B. 23 Stunden wird das als 0 Tage gerechnet. Die Zeitnot wird mir also hier keine Falle mehr stellen.

Dagegen steht die Möglichkeit der Verzögerung.

Im Nahschach reden wir hier von vielleicht 2 Stunden (in der Regel weniger). Da geh ich mal kurz ein Bierchen trinken oder bestelle mir ne zünftige Schweinshaxe und spätestens wenn der Kellner zum kassieren kommt ist die Uhr des Gegners gefallen.
Im Fernschach - um Dein Beispiel mit Matt in 82 herzunehmen - reden wir hier bei einer Bedenkzeitregelung von 10 Zügen in 50 Tagen von sage und schreibe 410 Tagen (hinzu kommen vermutlich noch 30 Tage Urlaub im Jahr was das ganze dann auf 470 Tage streckt). Der Gegner kann also die verlorene Partie mehr als ein Jahr lang vor sich herschieben. Während im Nahschach aus verschiedensten Gründen vieleicht noch ein Fingerfehler drin ist, besteht im Fernschach die einzige Chance des Gegners darin, dass ich zwischenzeitlich aufgrund von Altersschwäche den Weg alles Irdischen gehe.

Aufgrund dieser Tatsache bin ich persönlich froh, dass es diese Reklamationsmöglichkeit gibt (zumal ich in verschiedenen Mannschaftskämpfen derzeit 4 Partien habe, in denen der Gegner jetzt in verlorener Stellung verzögert bis zum Geht-nicht-mehr). Ohn e diese Regelung wäre z.B. eine vernünftige Championsleague mit Auf- und Absteigern oder andere große Turniere mit Vor-, Zwischen- und Endrunden gar nicht in einem vertretbaren Zeitraum zu bewältigen (jedenfalls nicht mit den aktuellen Bedenkzeitregelungen. Mit der im Moment vieldiskutierten Triple-Block-Regelung mag es anders sein. Aber auch da reden wir von großen Zeiträumen). Gerade aus diesem Grund würde ich ich auch beim Bdf eine solche Reklamationsregelung begrüßen, zumindest wenn es um solche großen Turniere wie z.B. die DFMM handelt. In den normalen Klassenturnieren wäre es allerdings nicht unbedingt erforderlich.

Natürlich: wenn er konsequent und fehlerfrei die Züge aus der Datenbank herunterspult, steht das Ergebnis eigentlich schon fest. Aber mit welchem Recht nimmt man ein bestimmtes Ergebnis vorweg, das nicht durch reguläres "Spielen bis zum Schluss" erzielt wurde?


Genau das ist aber der Punkt. Durch die Datenbank steht das Ergebnis eigentlich schon fest. Im Nahschach hat man diese Datenbank nicht und damit auch kein feststehendes Ergebnis. Im Fernschach durch die Datenbank ist es aber nunmal so dass es einfach eine Zeitverschwendung wäre etwas beweisen zu wollen, was bereits feststeht. Es ist wie in der Wissenschaft (und in gewisser Weise ist auch Schach eine Wissenschaft). Auf einem Planeten wie unserer guten alten Erde käme - außer zu Übungszwecken für Schüler oder Studenten - auch keiner auf die Idee beweisen zu wollen, dass ein Stein, den ich fallen lasse am Boden ankommt. Ich weiss dass das passieren wird. Warum also soll ich jetzt im Fernschach beweisen, dass ein feststehendes Ergebnis auch tatsächlich feststeht?

Ich weiß jetzt nicht, ob das zu utopisch klingt, aber was machen wir, wenn es eines Tages vielleicht möglich sein wird, Endspiele mit zum Beispiel 10 Steinen durch eine Datenbank zu jagen? Heißt es dann beim ICCF, Spieler X gewinnt, weil ein Matt in 123 Zügen folgt? Ich finde diese Vorstellung schrecklich und bin da ganz bei Henner Hamann: "nicht mehr der Schachspieler entscheidet, sondern die Schachmaschine."


Die Frage ist natürlich berechtigt, zumal ja zwischenzeitlich auch die 7-Steiner komplett gelöst sind. Allerdings... wenn ich als Fernschachspieler alle 7-Steiner installieren will, brauche ich derzeit Festplattenkapazitäten, für deren Preis ich auch einen nagelneuen Kleinwagen kaufen kann. Mag sein, dass wir irgendwann die Festplatten- und Rechnerkapazitäten haben werden, um auch einen 10-Steiner zu lösen. Aber mit dem Problem dürfen sich vielleicht unsere Enkel beschäftigen... unsereinen wird es wohl eher nicht mehr tangieren. Natürlich ist diese Vorstellung erschreckend, aber irgendwann hat alles ein Ende. Manche Spiele wie Dame oder Mühle sind bereits komplett gelöst und damit als Fernpartie unsinnig geworden. Und vielleicht wird das irgendwann beim Schach auch der Fall sein. Dem Nahschach wird es nicht schaden. Allenfalls das Fernspiel wird dann seinen Reiz verlieren. Aber so ist es nun mal. Aber davon sind wir noch weit weg. Solang nicht die ganze Partie fehlerfrei gespielt werden kann und wir nur über 6-Steiner reden, entscheidet nach wie vor der Mensch und nicht die Maschine. Und sollte es irgendwann mal anders sein, dann ist es halt so. Dann müssen wir uns eben auf Spiele verlegen, die von Computern noch nicht gelöst worden sind. Es gibt z.B. verschiedene Ansätze für 3D-Schach und ähnliches. Man kann die Entwicklung eben nicht aufhalten. Im Moment ist es aber noch lange nicht so, dass die Maschine entscheidet. Die Kunst im Fernschach besteht (zumindest momentan noch) eben in der Kunst die Hilfsmittel einerseits richtig einzusetzen (richtige Konfiguration der Engines) und andererseits darin Stellungen herbeizuführen in denen die "Helferlein" überlistet werden können. Es gibt viele Stellungstypen in denen auch ein Stockfish 10 hoffnungslos überfordert ist. Aber dazu kann jeder Interessierte demnächst einen Artikel in der Fernschachpost lesen.

Wie gesagt. Die Vorstellung dass Schach vielleicht eines Tages komplett gelöst wird, erschreckt mich auch. Ich nehme da die Sorgen von Dir und Henner durchaus ernst. Ich finde nur dass man alles übertreiben kann. Wir werden diesen Zeitpunkt vermutlich nicht mehr erleben, warum also sich darüber aufregen. Und... wir Menschen sind ja erfinderisch und finden dann eben andere Hobbies...

In diesem Sinne wünsche ich Euch erstmal ein schönes Wochenende und einen schönen 3. Advent. Ich muss derzeit leider erstmal meine gebrochene Rippe pflegen...

Hartmut
Liebe Grüße

Hartmut Hering

kweber
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Re: PC-Macht

Beitragvon kweber » Sa 15. Dez 2018, 10:11

"ich wollte mich zu Wort melden, weil ich den Unmut von Henner Hamann sehr gut nachvollziehen kann und in der Sache auch berechtigt finde. Man stelle sich doch einmal vor: bisher wurden 45 Züge gespielt und nun zeigt die 6-Steiner-Datenbank an, dass man die Partie nach weiteren 82 (!!!) Zügen verliert."

Hallo Schachfreund Schulz,
Ich oute mich hier als absoluten Freund der 6-Steiner-Datenbank-Regel. Nicht weil ich es toll finde eine Partie durch Reklamation zu gewinnen, weil ein "Matt in 82 Zügen" angezeigt wird, sondern weil unfairen, unsportlichen Fernschachspielern irgend wann einmal das Weiterspielen untersagt werden kann.
Es sind genau diese Spieler die im Fernschach immer darauf bestehen, dass eine Partie nur durch Mattsetzen oder durch Aufgabe beendet wird, die einem die Lust an unserem schönen Sport vermiesen.
Man kann doch eine Situation im Fernschach mit der gleichen Situation im Nahschach nicht vergleichen!
Im Nahschach warte ich die Minuten ab, bis der Zeiger des Gegners die Partie beendet. Im Fernschach kann ich (ein Fall aus der Praxis) das lächerliche Schauspiel König + Springer gegen König + Dame + 2 Bauern durch Reklamation beenden. Ohne 6-Steiner-Datenbank-Regel kann der Gegner das Ende dieses Spiels um viele Monate hinauszögern. Was soll da an meiner Reklamation verwerflich sein?
Ich denke ihr Beispiel mit "Matt in 82 Zügen" ist ein extremer Sonderfall (mit 6 Steinen Matt in 82!), Beispiele wie das von mir geschilderte kommen im Fernschach aber immer wieder vor.
Vielleicht sollte man, um den Unmut der Gegner dieser Regel zu beseitigen, eine Bedingung einfügen "Matt in weniger als …x.. Zügen". Denn Matt in 82, 50, oder auch 30 ist schon extrem.


Schönes Wochenende,
Karlheinz Weber

SchulzR
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Re: PC-Macht

Beitragvon SchulzR » Sa 15. Dez 2018, 15:07

Hallo Hartmut und Karlheinz,

vielen Dank für Eure (ausführlichen) Antworten. Möglicherweise täusche ich mich ja, aber ich glaube nach wie vor, dass es Henner in seinem Beitrag darum ging, aufzuzeigen, welche Macht die Computer heutzutage in unserem Hobby haben. Wenn die Maschine sagt: "Dein Gegner ist in x Zügen matt.", kannst Du Dir (egal, was möglicherweise noch passieren mag) den Punkt sofort in die Tabelle eintragen lassen - obwohl das Matt unter Umständen noch in weiter Ferne ist.

Dass Henner hoffte, die Partie noch remis halten zu können, dann aber erkennen musste, dass er verlieren wird, dürfte in der Tat darauf zurückzuführen sein, dass seine Engine nicht der Situation angemessen konfiguriert ist. Dennoch denke ich nicht, dass ihn gerade dieser Umstand zum Posting inspiriert hat, sonst hätte er wohl kaum den "Oberlehrer" angesprochen.

Jedenfalls ist er ganz bestimmt nicht der Einzige, der zwar Engines benutzt, im Zweifel aber nicht (genau) weiß, wie die Parameter für Stellung X oder Y optimiert werden können. Ich sitze hier, das gebe ich offen zu, mit ihm in einem Boot ...

Ich räume auch gern ein, dass sich Nah- und Fernschach grundlegend unterscheiden und insofern auch nur noch bedingt miteinander vergleichen lassen. Dennoch sind wir bemüht, die FIDE-Regeln (soweit möglich) ebenfalls auf das Fernschach anzuwenden. Deshalb bleibt für mich persönlich einfach ein "Geschmäckle" zurück, wenn man ein (künftiges) Matt "einfach so" reklamieren darf, ohne es tatsächlich auf dem Brett zu haben.

Aber wie gesagt, das ist meine ganz persönliche Meinung und selbstverständlich kann ich auch Eure Argumente nachvollziehen - insbesondere, was das unsportliche Hinauszögern von Partien angeht. Aber ob dafür die Ergebnisfeststellung mittels Tablebases herhalten muss, darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein.

Spielt man zum Beispiel Turniere mit einer festen Gesamtbedenkzeit pro Spieler, ist auch irgendwann Schluss. Das heißt, etwaigen Verzögerungstaktikern würde hier ebenfalls das Wasser abgegraben werden - und trotzdem dürften bzw. müssten beide Kontrahenten bis zum Ende kämpfen. Das fände ich jedenfalls gerechter.

Es mag sein, dass es im Fernschach Zeitverschwendung wäre, etwas beweisen zu müssen, was bereits feststeht. Und natürlich ist es höchst unwahrscheinlich, dass meinem Gegner ein "Fingerfehler" unterläuft. Aber gehört nicht auch im Fernschach ein kleines bisschen Glück und Hoffnung dazu, dass sich das Blatt vielleicht doch noch wenden kann?

Ich habe kein Verständnis für Spieler, die mich - unter Hinweis auf die Tablebases - regelrecht dazu nötigen, eine Partie doch endlich aufzugeben, weil ich in x Zügen sowieso matt sein werde. Und wenn man mir dann noch vorwirft, ich würde die Partie unnötig verzögern (obwohl ich meine Züge spätestens nach zwei bis drei Tagen ausführe), vergeht mir die Lust am Fernschach!
Mit freundlichen Grüßen
René Schulz

Asmodis
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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Sa 15. Dez 2018, 16:39

Wenn die Maschine sagt: "Dein Gegner ist in x Zügen matt.", kannst Du Dir (egal, was möglicherweise noch passieren mag) den Punkt sofort in die Tabelle eintragen lassen - obwohl das Matt unter Umständen noch in weiter Ferne ist.


Da hast Du natürlich Recht, diese "Macht" haben die Computer heute. Die hatten sie aber auch schon in den späten 80ern, als man mit DOS-Programmen wie MChess experimentiert hat. Nur die Denktiefen waren zugegeben andere. Aber gut, das ist halt so. Man kann Turniere ohne Engineunterstützung spielen, dann ist man da raus. Wer da schummelt wird auch im Zweifelsfall erkannt. Ansonsten muss man wohl oder übel damit leben.

Dass Henner hoffte, die Partie noch remis halten zu können, dann aber erkennen musste, dass er verlieren wird, dürfte in der Tat darauf zurückzuführen sein, dass seine Engine nicht der Situation angemessen konfiguriert ist. Dennoch denke ich nicht, dass ihn gerade dieser Umstand zum Posting inspiriert hat, sonst hätte er wohl kaum den "Oberlehrer" angesprochen.


Das mag sein, aber dann war einfach sein Beispiel schlecht gewählt. Wenn Spieler A eine gut konfigurierte Engine hat und Spieler B nicht, dann ist eigentlich klar, welcher Spieler die sinnvolleren Ergebnisse bekommen wird. Und das ist dann im Fernschach halt genauso ein dummer Fehler wie im Nahschach berührt...geführt. Einfach Pech.

Jedenfalls ist er ganz bestimmt nicht der Einzige, der zwar Engines benutzt, im Zweifel aber nicht (genau) weiß, wie die Parameter für Stellung X oder Y optimiert werden können. Ich sitze hier, das gebe ich offen zu, mit ihm in einem Boot ...


Dafür haben wir ja das Forum. Da kann man solche Fragen stellen. Soweit ich kann beantworte ich die dann auch gerne. Ansonsten gibt es natürlich viele andere spezielle Foren, wo man sich dann schlau machen kann. Ich sag immer: Dumme Fragen gibt es nicht, aber Dumme die nicht fragen stehen jeden Tag auf. Insofern... einfach fragen. By the way: In den für den BdF kostenlos veranstalteten Onlinekursen von Matjaz Pirs (die jetzt leider nicht mehr stattfinden) war das Thema Engines mehr als einmal auf der Tagesordnung.

Aber wie gesagt, das ist meine ganz persönliche Meinung und selbstverständlich kann ich auch Eure Argumente nachvollziehen - insbesondere, was das unsportliche Hinauszögern von Partien angeht. Aber ob dafür die Ergebnisfeststellung mittels Tablebases herhalten muss, darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein.


Sie ist ein Weg. Vielleicht nicht der Königsweg, aber immerhin. Sobald Du mehr als 6 Steine am Brett hast funktioniert es ja nicht mehr und der Gegner kann nach wie vor verzögern. Ich hab da auch einen, der ist in ca. 35 Zügen matt (in der Champions-League). Das weiss ich, das weiss er, das wissen unsere beiden Engines. Ein 7-Steiner übrigens. Tja... und jetzt nimmt er erstmal Resturlaub, nimmt dann Anfang Januar den Jahresurlaub und warten mit den Antwortzügen dank aufgesparter Bedenkzeit jetzt jedesmal bis die Zeitverdopplung greift (zumindest hat er das vor dem Resturlaub so gemacht). Kannst Du Dir vorstellen, dass man in solchen Situationen wünschte es wär ein 6Steiner den man reklamieren könnte? Ganz ehrlich... jedesmal wenn ich auf die Partie sehe werd ich gerade leicht aggro... (und sei es nur weil ich dank dem Typ noch ein halbes Jahr auf meinen CCM warten darf...)

Spielt man zum Beispiel Turniere mit einer festen Gesamtbedenkzeit pro Spieler, ist auch irgendwann Schluss. Das heißt, etwaigen Verzögerungstaktikern würde hier ebenfalls das Wasser abgegraben werden - und trotzdem dürften bzw. müssten beide Kontrahenten bis zum Ende kämpfen. Das fände ich jedenfalls gerechter.


Solche Turniere gibt es ja. Aber es sind eben nicht alle... Eventuell, ich hatte es ja schon angesprochen, hilft hier dieses Tripledingens...

Es mag sein, dass es im Fernschach Zeitverschwendung wäre, etwas beweisen zu müssen, was bereits feststeht. Und natürlich ist es höchst unwahrscheinlich, dass meinem Gegner ein "Fingerfehler" unterläuft. Aber gehört nicht auch im Fernschach ein kleines bisschen Glück und Hoffnung dazu, dass sich das Blatt vielleicht doch noch wenden kann?


Kann man so sehen. Insofern verlasse ich mich aber eher auf das Glück vor Erreichen der Tablebases. Da haben zumindest meine Gegner auch schon öfter Böcke geschossen in Situationen wo ich eigentlich schlechter stand. Klar kann einem Gegner immer ein Fingerfehler unterlaufen. Aber da ist jeder anders. Der eine möchte gerne bald wieder neue Turniere starten, der andere hält sich lieber an einer verlorenen Partie fest und hofft aufs Glück und Bedienfehler des Gegners. Man kann es diesbezüglich aber eben nun mal nicht jedem recht machen. By the Way: An Uwe... das wär doch mal was für eine Umfrage... oder hatten wir das schon?

Liebe Grüße

Hartmut
Liebe Grüße

Hartmut Hering

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Re: PC-Macht

Beitragvon SchulzR » Sa 15. Dez 2018, 17:35

Hallo Hartmut,

Sobald Du mehr als 6 Steine am Brett hast funktioniert es ja nicht mehr und der Gegner kann nach wie vor verzögern.


Jetzt weiß ich wieder, was ich in meinem Beitrag noch vergessen hatte. Ich wollte fragen, was Du machst, wenn die Tablebases noch nicht zum Einsatz kommen können? Angenommen, Du hast eine Stellung mit mehr als 6 oder 7 Steinen auf dem Brett, von der Du weißt, dass Dein Gegner früher oder später breit sein wird. Aber der spielt trotzdem weiter, weil er vielleicht hofft, doch noch ein Remis erreichen zu können ...

Antwort: Du wirst das Verhalten Deines Gegners ertragen müssen. Punkt.

Dafür haben wir ja das Forum. Da kann man solche Fragen stellen.


Offen gestanden bin ich nicht sicher, ob jeder Diskussionsteilnehmer bereitwillig Auskunft über die optimale Engine-Konfiguration geben würde (sofern es eine solche überhaupt gibt?). Ich meine, wer lässt Andere schon gern von seinen "Geheimnissen" profitieren?

Ich hab da auch einen, der ist in ca. 35 Zügen matt (in der Champions-League). Das weiss ich, das weiss er, das wissen unsere beiden Engines. Ein 7-Steiner übrigens. Tja... und jetzt nimmt er erstmal Resturlaub, nimmt dann Anfang Januar den Jahresurlaub und warten mit den Antwortzügen dank aufgesparter Bedenkzeit jetzt jedesmal bis die Zeitverdopplung greift (zumindest hat er das vor dem Resturlaub so gemacht). Kannst Du Dir vorstellen, dass man in solchen Situationen wünschte es wär ein 6 Steiner den man reklamieren könnte?


Natürlich kann ich Deinen Ärger nachvollziehen. Vielleicht gestattet der ICCF ja bald auch Reklamationen bei 7-Steinern? Dann musst Du Dich nicht mehr ärgern. :) Ja, da können einem die Haare zu Berge stehen, wenn der Gegner jetzt erst mal seinen Resturlaub nimmt, im neuen Jahr gleich wieder 45 Tage und dann auch noch immer schön die Uhr fast vollständig ablaufen lässt ... (Das kenne ich ebenfalls!)

Aber: dieses Verhalten entspricht nun mal den geltenden Regeln und ist völlig legitim. Punkt.

Ich erinnere mich, dass es derartige Diskussionen schon im alten BdF-Forum mehrfach gab. Immer hieß es etwa:

"Mein Computer zeigt an, dass ich mit + 3,xx im Vorteil bin. Wieso gibt mein Gegner nicht endlich auf? Wieso besitzt er jetzt auch noch die Frechheit, für 3 Wochen in den Urlaub zu fahren?" Dann ist der Gegner aus dem Urlaub zurück und erdreistet sich auch noch, erst mal seine angesparte Bedenkzeit abschmelzen zu lassen. "So eine Sauerei, jetzt muss der Turnierleiter endlich mal hart durchgreifen!"

Vielleicht sollten sich Fernschachspieler wieder in mehr Geduld üben und - um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen - keinen Gewinn einfordern dürfen, nur weil der Computer festgestellt hat, dass der Gegner in 82 Zügen matt ist und es doch nur Zeitverschwendung wäre, diesen Beweis auch tatsächlich antreten zu müssen?

Zugegeben, jeder hat da seine eigene Sicht der Dinge. Was die Geduld angeht, hab ich vielleicht gut Reden, weil ich noch ein junger Hüpfer bin. Beim BdF betreue ich die Seniorenturniere. Und von so manchem Senior höre ich auch schon mal den Satz: "Wissen Sie, ich würde das Ende einer Partie gern noch erleben wollen." Kann ich absolut verstehen.

Vermutlich werden wir hier trotzdem immer unterschiedlichster Meinung sein und letztlich nicht auf einen Nenner kommen. So oder so bedanke ich mich für die Diskussion - sie macht mir Spaß und tut diesem Forum hoffentlich gut.
Mit freundlichen Grüßen
René Schulz

Asmodis
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Re: PC-Macht

Beitragvon Asmodis » Sa 15. Dez 2018, 18:59

Angenommen, Du hast eine Stellung mit mehr als 6 oder 7 Steinen auf dem Brett, von der Du weißt, dass Dein Gegner früher oder später breit sein wird. Aber der spielt trotzdem weiter, weil er vielleicht hofft, doch noch ein Remis erreichen zu können ...

Antwort: Du wirst das Verhalten Deines Gegners ertragen müssen. Punkt.


Jo, den Punkt brauchts an dieser Stelle nicht. Ich habe ja gesagt, es ist ein Verhalten mit dem man leben muss. Genau deswegen bin ich ein Fan davon dass man solches Verhalten durch die Reklamationsmöglichkeit bei 6-Steinern zumindest abmildern kann. Perfekt wird nie etwas sein. Da mögen dann andere vielleicht maulen: "Aber der Gegner könnte ja rein theoretisch noch einen Fehler machen..." Ja, aber der Nutzen (Partieverschleppung wird zumindest teilweise gestoppt) überwiegt den Schaden (rein theoretische Erwägung dass sich der Gegner bei der Zugeingabe vertippt). Vermutlich hat sich der ICCF deswegen für diesen Weg entschieden. Ich weiss es nicht.

Natürlich kann ich Deinen Ärger nachvollziehen. Vielleicht gestattet der ICCF ja bald auch Reklamationen bei 7-Steinern? Dann musst Du Dich nicht mehr ärgern. :) Ja, da können einem die Haare zu Berge stehen, wenn der Gegner jetzt erst mal seinen Resturlaub nimmt, im neuen Jahr gleich wieder 45 Tage und dann auch noch immer schön die Uhr fast vollständig ablaufen lässt ... (Das kenne ich ebenfalls!)

Aber: dieses Verhalten entspricht nun mal den geltenden Regeln und ist völlig legitim. Punkt.


Natürlich ist es legitim. Unsportlich aber nach den Regeln erlaubt. Mich wundert nur wenn sich die Leute auf solche Regeln berufen (die mit der Wirklichkeit nichts zu tun haben. Im Nahschach auf Meisterlevel würde niemand so eine Partie weiterspielen), dass sie zwar kein Problem damit haben, dass solche Dinge möglich sind, sich aber am liebsten vor Frust aus dem Fenster stürzen würden, dass sowas wie eine Reklamation auf 6-Steiner-Basis möglich ist. Da könnte ich nun auch sagen: IST HALT NUN MAL NACH ICCF-REGELN SO. PUNKT. Ich steh nur nicht drauf eine Diskussion auf diese Art abzuwürgen. Man muss halt akzeptieren dass gewisse Dinge so sind wie sie sind, oder sich beim ICCF als Funktionär einbringen und versuchen die Regeln zu ändern. Es gibt im Leben viele Regeln die man hinterfragen könnte... aber entweder man lebt damit oder man geht in die Politik und versucht es zu ändern. Ist halt so.

Vielleicht sollten sich Fernschachspieler wieder in mehr Geduld üben und - um auf den Ausgangspunkt zurückzukommen - keinen Gewinn einfordern dürfen, nur weil der Computer festgestellt hat, dass der Gegner in 82 Zügen matt ist und es doch nur Zeitverschwendung wäre, diesen Beweis auch tatsächlich antreten zu müssen?


Vielleicht, vielleicht auch nicht. Vielleicht bin ich von meinem Hintergrund einfach zu sehr wissenschaftlich geschult um mich solchen Zeitverschwendungen hinzugeben. Ich halte halt wenig davon ein Rad zu erfinden dass es schon gibt. Viel mehr ist es interessant Neues zu versuchen (was meistens damit angeht, dass ich z.B. Eröffnungsdatenbanken stets hinterfrage und mich nicht darauf verlasse dass Eröffnung X eine Gewinnwahrscheinlichkeit von y % hat). Da kann man dann wirklich was sinnvolles tun.

Zugegeben, jeder hat da seine eigene Sicht der Dinge. Was die Geduld angeht, hab ich vielleicht gut Reden, weil ich noch ein junger Hüpfer bin. Beim BdF betreue ich die Seniorenturniere. Und von so manchem Senior höre ich auch schon mal den Satz: "Wissen Sie, ich würde das Ende einer Partie gern noch erleben wollen." Kann ich absolut verstehen.


Nun ja, ich gehöre mit meinen 54 auch nicht mehr zu den jungen Hüpfern aber mich hätte es auch vor 20 Jahren genervt... Es geht wenn man aufstrebender Spieler ist ja nichtr nur darum das Ende einer Partie noch erleben zu können. Es geht auch darum dass es für manche Einladungsturniere Elo-Grenzen gibt und man z.B. weiss: "Wenn der Depp jetzt nicht verzögern würde, würde ich noch auf dieses Einladungsturnier können, weil die Elo reicht..." Auch solche Fälle gibt es. Nur so nebenbei.

Vermutlich werden wir hier trotzdem immer unterschiedlichster Meinung sein und letztlich nicht auf einen Nenner kommen. So oder so bedanke ich mich für die Diskussion - sie macht mir Spaß und tut diesem Forum hoffentlich gut.


Naja, grundverschiedene Meinungen kommen selten auf einen Nenner. Die Frage, wenn man solche Regeln einführt ist halt immer: Wann und wem nutzt sie, wann ist sie sinnvoll und wann ist sie nur ein Klotz am Bein. Und nach allem was ich so höre geht es hier weniger um die PC-Macht (dass man die Dinger zur Analyse nutzt daran hat sich ja jeder gewöhnt) sondern eher um das Gefühl: "Aber der Gegner könnte ja noch einen Fehler machen...". Und da frage ich mich ernsthaft ob es wichtiger ist, diesem meistens eher irrationalen Gefühl nachzugeben oder ob es wichtiger ist den ewigen Verzögerungen entgegenzuwirken (verhindern kann man sie sowieso nicht). Und da sehe ich eigentlich die wirkliche Diskussionsgrundlage. Allen recht machen kann man es ja sowieso nicht.

Liebe Grüße

Hartmut
Liebe Grüße

Hartmut Hering


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